Superhasieffekt – das Ende einer Freundschaft?


Zwischenmenschliche Beziehungen wandeln sich. Die Auswirkungen dieser Wandlungen können schleichend oder manchmal auch akut sein. Wenn diese Wandlungen eine Freundschaft betreffen, so wird diese auf eine harte Probe gestellt. Stellen Sie sich vor, Ihre beste Freundin reduziert den Kontakt zu Ihnen auf 0,1 Prozent der vorherigen Intensität und Qualität. Was würden Sie tun?

Sie wissen, daß Ihre Freundin einen neuen Freund hat. In ihn hat sie sich mehr als unsterblich verliebt. Nach zwei Wochen werden Heiratspläne geschmiedet und ein gemeinsamer Name ist auch schon gewählt. Sie sehen den beiden das Glück förmlich an und Sie freuen sich mit ihnen. Sie wissen allerdings auch, daß heißes Verliebtsein manchmal ein loderndes Strohfeuer ist. Doch das Glück der besten Freundin geht Ihnen über alles.

„Superhasieffekt“

Was jetzt folgt, scheint offensichtlich typisch zu sein. Ich habe einige Menschen befragt und fast allen ist dieser Effekt bekannt. Nur hat ihn noch keiner „Superhasieffekt“ genannt.

Die Zeit, die Sie mit der besten Freundin verbringen, wird geringer. Ich halte das für eine normale Entwicklung und jeder beste Freund hat dieses Attribut nicht verdient, der das nicht einsieht. Doch stellt sich die Frage: Wie weit kann das gehen? Wenn es praktisch keine Kommunikation mehr gibt oder die Inhalte nur noch Belanglosigkeiten enthalten und von der besten Freundin keine Impulse mehr in Richtung des besten Freundes gehen, dann tritt der Superhasieffekt auf. Vom Grunde her ist es die Totalabkapselung eines Menschen von seinen gewohnten Sozialkontakten (hier von Freundschaften) unter dem Einfluss maximaler Verliebtheit. Meist gleicht es einem völligen „Ab-Tauchen“ der Verliebten. Das soziale Umfeld „Freundschaften“ verliert, zumindest zeitweise, stark an Bedeutung.

Welche Auswirkungen hat der Superhasieffekt?

Welche Probleme zieht das nach sich? Betrachtet man die „Geschichte“ von außen, lassen sich folgende Punkte aufzählen:

  • Die Freundschaft gerät unter Druck. Sobald das Gefühl der Unausgewogenheit („Du rufst mich seit Wochen nicht mehr an.“) auftaucht, kann das der Anfang vom Ende der Freundschaft sein.
  • Sämtliche Bedenken des sozialen Umfeldes werden negiert. Gerade der beste Freund hat hier kaum Handlungsspielraum, denn seine Bedenken würden immer den Eindruck von Eifersucht bei der besten Freundin erzeugen.
  • Die beiden Verliebten machen in ihrer Freizeit nichts mehr allein. Es entwickelt sich nicht eine Beziehung, sondern es kommt zu einer Verschmelzung der beiden Persönlichkeiten.
  • Durch die verzerrte Wahrnehmung („rosa-rote Brille“) nimmt die verliebte Freundin ihre Verhaltensveränderung gegenüber dem besten Freund weniger wahr.
  • Hält der Effekt länger an, wird das soziale Umfeld früher oder später immer kleiner. Kontakte werden immer spärlicher.
  • Wenn bisher noch keine Eifersucht im Spiel war, wird sie spätestens nach dem Superhasieffekt entwickelt sein.

Wie gut ist der beste Freund?

Wenn ich mir den Prozeß „Superhasieffekt“ betrachte, stellen sich für mich wichtige Fragen. Wie sehr kann eine gute Freundschaft einseitig belastet werden? Ist es die Verpflichtung des guten Freundes diese Zeit des Superhasieffektes einfach abzuwarten? Sollte er, sozusagen, auf wieder bessere Zeiten (für die gute Freundschaft) hoffen? Was macht der total vernachlässigte beste Freund, wenn die beste Freundin nach einigen Monaten wieder anklopft und jetzt ihr Herz ausschütten muß!?

Fragen, Fragen, Fragen …

Das sind interessante Fragen. Eine Patentlösung gibt es wie immer nicht. Da mich das Thema Freundschaft seit geraumer Zeit interessiert, werde ich sicher noch einiges dazu zu schreiben haben. Genauso interessieren mich natürlich Ihre Erfahrungen zum Superhasieffekt.

Autor: SL - 22. Jul 2005 - Kategorie: Aktuell, Persönlich - Kommentar schreiben

Kommentare

  1. Angela Heinrich sagt:

    Was ist, wenn der Superhasi-Effekt in umgekehrter Form auftritt, d.h. eine Freundschaft war jahrelang intensiv, doch als die eine Freundin ihren Traumprinzen kennenlernte und ziemlich rasch eine Familie daraus wurde, ziehen sich die anderen Freundinnen von ihr zurueck? Sie bemuehte sich nach Kraeften, aber keine hat mehr „Zeit“, mal vorbeizukommen, sich zu treffen etc., man sieht sich nur noch selten auf feierlichen Anlaessen. Wie nennt sich denn dieser Effekt und wie reagiert eine Freundin auf so etwas?

  2. Sven sagt:

    Hallo Frau Heinrich!

    Willkommen auf meinen Seiten! Vielen Dank für Ihren ausführlichen Kommentar und die Fragen. Diese sind allerdings nicht so einfach zu beantworten, da es so, wie Sie es beschreiben, viele Ursachen haben kann.

    Bei meinen Nachforschungen bin ich auf einen derartigen Effekt bis jetzt nicht gestoßen, insofern habe ich noch keinen Namen dafür. Mir ist auch nicht bekannt, ob ein solcher Effekt schon mal beschrieben wurde (was nicht heißt, das es ihn nicht in der Literatur gibt!).

    Wie könnte die (verlassene) Freundin reagieren? Es wäre zunächst zu klären, ob sich das Verhalten der (verlassenen) Freundin gegen über ihren früheren Freundinnen verändert hat. Als zweiter Punkt wäre der Umgang des Paares mit den früheren Freundinnen zu beleuchten. Manchmal übertreiben die „rosarot“ Verliebten damit, der sozialen Umgebung ihre (wunderbare und tief empfundene) Liebe zum Ausdruck zu bringen. Da ja die Freundinnen der (verlassenen) Freundin enorm nahe stehen (oder standen) will sie (die verlassene Freundin) ihren Freundinnen gegenüber ja gerade ihr wunderbares Glück mitteilen. Das kann auch zuviel werden. Es könnte sein, daß sich die Basis der gemeinsamen Freundschaft verändert hat. Inhalt ist eben jetzt das gemeinsame Erleben in der jungen Familie. Die Freundinnen können das nicht miterleben und sind es vielleicht Leid diese Themen zu hören.

    Als weiteren Schritt ist folgende Frage zu beantworten: Hat sich jede (frühere) Freundin in gleicher Weise abgewendet, möglicherweise sogar zum gleichen Zeitpunkt. Hier könnte etwas (sozusagen „kollektiv“) in den „falschen“ Hals gekommen sein.

    Es macht auch Sinn die Freundinnen mit der Tatsache zu konfrontieren, einfach nachzufragen was ist.

    Ohne weitere Informationen ist praktisch keine Klärung möglich. Auch einen konkreten Effekt zu benennen ist schwer, da eben mehrere Ursachen wirken können.

  3. Laura sagt:

    Ja genau diesen Superhasi-Effekt hab ich grad am eigenen Leib erlebt. Mein Freund (Freundschaft Frau-Mann), hat sich offenbar so verknallt, dass er nicht 0,01% seiner Zeit sondern 0,00% seiner Zeit mehr mit mir verbringt.

    Anrufen? Was ist das? Unsere Freundschaft gestaltet sich eh schon schwer, da wir relativ weit auseinanderwohnen. Da ist man zusätzlich auf die Anrufe angewiesen, um zu hören, wies dem anderen geht. Bisher hat sich unsere Freundschaft auf einem gemeinsamen Hobby begründet, welches wir mehrere Tage pro Woche trotzdem ausgeübt haben.

    Aber das gibt es nicht mehr, da er dies seit „Brille-rosa-rot“ keine Bedeutung mehr für ihn hat, also es ist auch komplett zurückgestellt worden. Und das macht mich schon wütend, Freundesglück hin- oder her. Ich finds nicht richtig, dass es dann heißt, man wär das Prädikat „Freund“ nicht mehr wert, wenn man dann gefrustet ist.

    Zum Ausweinen reicht es grade noch. Ansonsten Kommentare wie: ich hab grad keine Zeit, ich ruf später zurück (niemals) blabla etc. pp.
    Ja ich denke, daran können Freundschaften echt zerbrechen. Ich denke, der „Hans-im-Glück“ wird erst recht spät erkennen, dass er zuviel vernachlässigt hat.

    Und richtig, man selbst kann nix dazu sagen, weil gleich kommt: Schublade auf „Die ist nur eifersüchtig“ – Schublade zu! Und ja wirklich zu recht, wenn einem der engste Vertraute auf einmal komplett abhanden kommt, nur wegen der Hormone 🙁

  4. Rolf Carpentier sagt:

    @ Laura

    Ist ja echt traurig (und ärgerlich), wenn man sich versetzt fühlt.

    Das ist ja auch eine Art von Trennung, die passiert ist und verspürt wird. Trennungen sind leider manchmal „einseitige Willenserklärungen“, die stillschweigend praktiziert werden.

    Kleiner Trost und vielleicht Silberstreif am Horizont: Hormonüberschüsse des Verliebtseins wegen werden auch wieder abgebaut, und die Realität holt dann die Menschen aus dem siebten Himmel auf den Boden der Tatsachen, zu denen sich auch die Erkenntnis gesellen könnte, daß das Wiederauflebenlassen der vernachlässigten Freundschaften – für sich selbst und für den einen oder anderen befreundeten Menschen – sehr wichtig ist.

    Es könnte gut sein, daß in wenigen Monaten wieder häufiger mal Zeit und Ohr für einen längeren Austausch da ist.

    Nicht vernachlässigen sollte man allerdings die Erfahrung, daß man seinem Partner zu Gefallen manchmal anders handelt, als man möchte, also es von sich aus ohne den Partner täte, bzw. man sich auch oft unerwartet stark von ihm/ihr beeinflussen läßt …

    Könnte dann auch so das Ende vom Lied sein, wenn nicht trotz dem die Erkenntnis reift und bei beiden Partnern die Oberhand gewinnt, daß wirklich gute (und ebensogut des Partners frühere gute) Freunde auch in festen Beziehungen unersetzlich und gar zu selten sind und die – unter anderem – mit genügender Aufmerksamkeit gepflegt werden müssen.

  5. Johanna, 14 sagt:

    Ich habe den „Superhasi“ Effekt auch erlebt. Meine beste Freundin (16) ist seit september letzten Jahres mit einem jungen Mann (22) zusammen. Ihren Freund lernte ich schnell kennen und wir verstanden uns auch gut. Sehr gut sogar. Nach einiger Zeit habe ich ihn dann auch als guten Freund betrachtet. Das war eigentlich eine sehr schöne Zeit, denn ich hatte endlich zwei Leute gefunden denen ich dachte vertrauen zu können. Meine familiäre Situation war und ist schon immer sehr angestrengt und kräftezehrend und ich war froh, endlich jemanden gefunden zu haben, dem ich mein Herz ausschütten konnte. Leider stellte sich dieses Gefühl der Sicherheit schnell als falsch heraus. Je länger die beiden zusammen waren und je länger sie sich aneinander annäherten, desto mehr wurde ich aus ihrem „Kreis“ ausgestoßen. Ich dachte erst, das gibt sich wieder, doch jetzt sind 4 Monate vergangen und es ist an einem toten Punkt angelangt. Ich habe immer wieder versucht, mit ihnen darüber zu reden, auch jeweils getrennt… Doch sie haben nie etwas geändert. Vielleicht bin ich zu jung, um eine Art von Liebe zu verstehen, aber ich habe doch gesehen, dass es ihre Persönlichkeiten verändert…Sie werden sich immer mehr gleich, ihre Persönlichkeiten wurden zu einer und ich konnte nichts tun. Ich kann auch irgendwie nicht glauben, dass sie irgendwann aufhören sich so zu lieben, da sie einfach so sehr eins sind. Sie haben sogar schon darüber geredet, den Rest ihres Lebens miteinander zu verbringen. Ich bin an einem Punkt angelangt, an dem ich kurz davor bin, die Freundschaft zu beiden aufzugeben, aber mir liegt so viel an ihnen…Ich würde sie so gerne aus diesem Tranceartigen zustand „aufweken“ aber ich weiß nicht wie….
    Jetzt noch eine Frage: Wieso heißt der Vorgang Superhasi? Passt doch gar nicht, so ein niedlicher Name, zu so einer ernsten Sache…..Grüße von Johanna, 14

  6. Sven Lehmann sagt:

    Hallo Johanna,

    herzlich Willkommen auf meinem Blog!

    Der Superhasi heißt Superhasi-Effekt, weil mir der Name so einfiel. Denn es ist ja das neue Superhasi des Freundes oder der Freundin, letztlich der Grund, der ggf. dazu führt, dass eine alte Freundschaft zu Bruch geht. …

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